Das Geozentrische Weltbild

Die Erde steht im Mittelpunkt der Welt, und Mond, Sonne und alle Planeten bewegen sich um die Erde.

Die Erde steht im Mittelpunkt

Dieses Weltbild wird gerne Claudius Ptolemäus zugeschrieben, in Wirklichkeit war es aber schon zu seinen Lebzeiten im ersten Jahrhundert ein alter Hut. Aristoteles hat diese Ansicht schon 500 Jahre früher vertreten, und wahrscheinlich war er auch nicht der Erste.

Ptolemäus aber hat im 2. Jahrhundert das Standardwerk über Astronomie geschrieben, den Almagest. Für fast anderthalb Jahrtausende war der Almagest der der unumstrittene Stand der Wissenschaft. Und weil die Sache mit der Erde im Mittelpunkt dort drinstand, hat es sich eingebürget, das Weltbild nach Ptolemäus zu benennen.

Es ist ja auch erstmal alles sehr plausibel. Die Erde macht ja gar nicht den Eindruck, als ob sie sich bewegen würde. Wenn sie das täte, würde dann nicht ständig ein Wind wehen? (Vergessen Sie dieses Argument bitte gleich wieder, wenn sie an der Küste wohnen). Und wenn man einen Ball senkrecht hochwerft, kommt er an derselben Stelle herunter. Würde er das tun, wenn sich die Erde währenddessen weiterbewegt hätte?

Und das beste: die ganze Sache steht nicht im Widerspruch zur Bibel. Das war im Mittelalter in Europa das wesentliche Argument. Eine Theorie, die nicht im Einklang mit der Bibel stand, ging gar nicht und war ein guter Vorwand, jemanden vor Gericht zu zerren. Galileo Galilei hat das probiert, und der hatte sogar gute Argumente für seine Positionen. Wenigstens kam er mit Hausarrest noch einigermaßen glimpflich davon.

Die Theorie mit den Epizykeln

Während die Erde still steht, bewegen sich Mond, Sonne und die fünf Planeten über den Himmel. Die Berechnung ihrer Bahnen war zu dieser Zeit das Kernstück der Astronomie, weil die Bestimmung der Position der Planeten essenziell für die Astrologie ist, und wie will man sonst die Zukunft vorhersagen?

Es gibt da aber ein kleines Problem.

Ein Planet bewegt sich nicht einfach immer nur gleichmäßig über den Himmel. Zunächst bewegt sich ein Planet vorwärts, wie man es von ihm erwartet. Doch dann wird er langsamer und bleibt schließlich ganz stehen. Als Nächstes läuft er ein Stück rückwärts, dann bleibt er wieder stehen, anschließend läuft er wieder vorwärts. Dieses Spiel wiederholt sich endlos.

Das passt aber nicht zu einem System, indem sich die Planeten gleichförmig auf einfachen Kreisbahnen um die Erde bewegen. Aber eine vernünftige Theorie muss immer eine plausible Erklärung für alles das liefern, was man beobachten kann. Das wusste natürlich auch Ptolemäus. Man benötigt also etwas Besseres.

Die Lösung war, dass sich die Planeten zwar auf Kreisbahnen um die Sonne bewegen, aber zusätzlich noch auf einem zweiten Kreis um den fiktiven Punkt auf ihrer Kreisbahn. Wenn die Bewegung auf diesem zweiten, kleineren Kreis – den man Epizykel nannte – schneller ist als die auf dem größeren Kreis, dann sieht es von der Erde so aus, als ob sich der Planet rückwärts bewegt.

Sonne Jupiter Erde
Sonne, Erde und Jupiter im geozentrischen System. Wenn die Verbindungslinie zwischen Erde und Jupiter ihre Farbe zu rot ändert, dann ist die Bewegung des Jupiter von der Erde aus rückläufig.

Und um die Bewegung noch genauer vorherzusagen, benötigt man einen weiteren Epizykel, der auf dem Epizykel sitzt. Und so weiter. (Eigentlich braucht man dazu die Infinitesimalrechnung, aber die wurde nicht rechtzeitig erfunden.) Und nicht einmal das reicht: den Mittelpunkt der Planetenbahn muss man ein wenig neben den Mittelpunkt der Erde legen.

Das klingt alles furchtbar kompliziert. Ist es auch. Die »bessere« Theorie ist in diesem Fall leider auch die kompliziertere. Aber man konnte damit die Bahnen der Planeten wirklich hervorragend vorhersagen.